Samstag, 5. April 2008

Koffer gepackt!

Wie immer war ich spät dran mit allem, konnte also nicht schlafen. Gut, dass der Flug 12h dauert :). Hoffentlich lässt mich der Amerikaner einreisen, auf meinem B1-Visum steht nämlich: "first entry - unpaid medical clerkship"; mein first entry war aber eine Zwischenlandung in Miami vor gut 2 Monaten... Sollte aber wohl gehen, weil das first entry gerade bedeutet, dass man danach wieder einreisen kann. Und medical clerkship ist ja mit B1 möglich, schlimmer wärs, wenn der Name des Krankenhauses draufstehen würde. Aber was schreib ich hier noch...

Ach ja, ich wollte kurz meine China-Erfahrung zusammenfassen. Leider ist das nicht möglich, schon gar nicht in meinem jetzigen Zustand. Daher möchte ich sie mit einer Deutschland-Erfahrung kontrastieren, die ich vor 2 Tagen am Flughafen Shanghai machen durfte.
Und das kam so: Wir warteten am Check-In nach Frankfurt (ein Teil von mir ist da nämlich am 3.4. hingeflogen) und es dauerte und dauerte. Bald schon bemerkte ich vor uns einen allein reisenden Deutschen mittleren Alters, der mir durch seine aggressive, hässliche Ausstrahlung auffiel. Obwohl alle warten mussten, war er der einzige, der laut und vulgär geflucht hat. Es tut mir leid, dass ich hier Stereotype pflege. Jedenfalls erwachte auch in mir sofort der Deutsche und ich verspürte den Drang, eine mindestens verbale Auseinandersetzung zu beginnen. Naja, da war meine leptosome Konstitution vor... Mir wurde aber die ganze Absurdität eines solchen Verhaltens bewusst, und zwar einschließlich meiner eigenen Reaktion.

Das finde ich an China im Moment am tollsten: dass die Leute auf eine sympathische Weise gelassen sind. Das ist wieder ein Klischee; ich durfte natürlich auch laut geführte Arzt-Patienten-"Gespräche" in der Notambulanz erleben oder den Wutanfall einer jungen Assistentin, die mehr machen wollte als immer nur Hautnähte. Aber die Leute verschwenden ihre Energie nicht. Wenn es keine Aussicht auf Erfolg gibt, scheinen sie sich selten aufzuregen. Ich hatte selbst eine Auseinandersetzung in der Post, weil ich zu viele Briefmarken eingesteckt hatte und es nicht kapierte... Nachdem wir uns beinahe angeschrien hatten - ja, auf chinesisch! Ob ich beschimpft wurde, kann ich aber nicht sagen ;) - und ich meinen Fehler eingesehen hatte, war sofort wieder Ruhe. Kein pädagogischer Zeigefinger, "unverschämt" etcc. Es erscheint vieles im Alltag einfach praktischer, aber nicht nur das: durch das geringere Ausmaß an geäußerten negativen Gefühlen erscheint der tägliche Umgang weniger roh, in dieser Hinsicht zivilisierter (ich finde es leichter zu ertragen, dass auf den Boden gespuckt wird, als dass man im Supermarkt an der Kasse angemacht wird, weil man nicht schnell genug zahlt).

Zur Illustration noch eine kleine Geschichte:
Gestern hatte ich meinen einzigen Nachtdienst in der Unfallchirurgie, und prompt kamen genau an diesem Tag zwei französische Touristen mittleren Alters, die vor einigen Tagen einen schweren Unfall gehabt hatten - ich war der einzige, der französisch sprechen konnte, und die Franzosen konnten als solche natürlich kaum englisch... Es war aufregend, obwohl die Situation stabil war und ich keine Verantwortung hatte. Ich will jetzt aber eigentlich nur die Aussage der Franzosen wiedergeben, um glaubwürdiger zu sein: Sie waren rundum zufrieden mit ihrer Versorgung und betonten immer wieder, wie menschlich es doch zuginge und wie viel weniger "industriell"... Da kam mir gleich die etwas naive Annahme einer HD-Oberärztin in den Sinn, dass man vielleicht lieber in Lambarene Patient wäre, weil es da so viel menschliche Wärme gäbe... Aber die Franzosen wussten, wovon sie sprachen und hatten schon viel durchgemacht (auch wenn sie als Ausländer natürlich VIPs waren). Sie wollten gar nicht auf die Ausländerstation und waren ganz froh, als sie auf der chinesischen Intermediate Care Unit waren - die erschien mir um 2 Uhr nachts sogar nach 8 Wochen PJ in China noch fast wie eine Horrorfilmkulisse... Delirante, z.T. fixierte Patienten im Abstand von max. 2 Metern, Schreie, Stöhnen. Der Blick ging über die im Halbdunklen liegenden Patienten direkt aufs gegenüberliegende Hochhaus, kein trostspendender Anblick.
Hmmm, ich komme zu nichts, bin selber delirant, muss aufhören - also, ich glaube, dass die beiden Franzosen recht haben und es tut mir richtig leid, dass ich schon wieder weg muss, weil mir die guten Seiten dieser Kultur sicher fehlen werden, die mit Abnahme der Kulturschockintensität deutlicher sichtbar werden (auch wenn ich sie hier nicht richtig beschreiben kann).

Vielleicht ist der Post eine Zumutung, aber wenn ich nicht poste, stirbt der Blog!

PS: Derzeit ist Wikipedia und blogger entblockt?! Keine Ahnung was los ist...

1 Kommentar:

Der NeuroPJler hat gesagt…

Hey anonymer Blogger!
Wie gut ist eigentlich Dein Chinesisch?
und außerdem: wir sind fast verlinkt - vielleicht sollten wir mehr links posten, um unseren pagerank zu erhöhen...oder vielleicht sollte ich auch dazu beitragen, dass der content noch besser wird..aber ich hab keine zeit, das KH frisst mein Leben auf!! aaaaaaaghh!